Ende März 1945 wurden die Stadt Idstein und damit auch die Heilerziehungsanstalt Kalmenhof von der US-Armee befreit. Kurz zuvor hatten die Täterinnen und Täter dort belastende Unterlagen vernichtet, die ihre Beteiligung an NS-„Euthanasie“-Verbrechen betrafen. Außerdem wurden Zöglinge, die Kenntnisse von den Morden hatten, vor dem Eintreffen der Amerikaner ermordet. Insgesamt starben auf dem Kalmenhof in Kriegszeiten über 700 Personen.
Trotz dieser Verschleierungsversuche begannen im April 1945 erste Vernehmungen und Verhaftungen vor Ort. Ein Jahr später übergab die Wiesbadener Staatsanwaltschaft den Fall an den zuständigen Oberstaatsanwalt in Frankfurt.
Dort wurden Anfang 1947 im sogenannten „Kalmenhof-Prozess“ schließlich der stellvertretende Direktor und Verwaltungsleiter Wilhelm Großmann, der Arzt Hermann Wesse, die Ärztin Matilde Weber, die Krankenschwester Aenne Wrona, ein Pfleger sowie ein weiterer Angestellter der Heilerziehungsanstalt angeklagt und verurteilt. Eine weitere Haupttäterin, die Krankenschwester Maria Müller, und auch der Anstaltsdirektor Ernst Müller hatten sich durch Flucht der Verhandlung entzogen.
Auf das Urteil folgten weitere Revisionsverhandlungen. Die meisten Täterinnen und Täter konnten in den kommenden Jahren die Aufhebung ihrer Urteile, Freisprüche oder eine Strafverkürzung erwirken, während das Verbrechen in Vergessenheit geriet und die Erinnerung daran aktiv verdrängt wurde.