Willi, Josef und Heinrich Jeuck waren drei von insgesamt elf Kindern der Fussinger Landwirte Jeuck. Die Brüder wuchsen nur knapp 13 Kilometer nordöstlich von Hadamar auf. Über sie ist nur wenig bekannt. Heinrich wurde am 23. Oktober 1919 geboren.
Heinrich fiel es schwer, in der Schule altersgemäße Aufgaben zu erfüllen. Deshalb wurde er nach kurzem Schulbesuch wieder entlassen. Den Brüdern Willi und Josef ging es ähnlich. Aus diesem Grund kamen sie in den 1920er Jahren in das St. Vincenzstift in Aulhausen, einem katholischen Heim für Menschen mit Behinderung. Bei der Aufnahme in Aulhausen wurde über Heinrich notiert, dass er sehr schüchtern sei, aber durchaus mit anderen Bewohnern sprechen würde, wenn er sich unbeobachtet fühle.
Zunächst machte Heinrich im Vincenzstift Fortschritte. Er war ein gutmütiges Kind, lernte und half zum Beispiel dabei, den Saal zu kehren. Doch in den 1930er Jahren wurden die Einträge über Heinrich negativer. Er würde immer unruhiger und er würde seltener sprechen. Er sei bei vielen Dingen auf Hilfe angewiesen.
Am 28. Juni 1937 wurde Heinrich zusammen mit seinen beiden Brüdern von Aulhausen in die Heilerziehungsanstalt Kalmenhof in Idstein verlegt. Ab 1938 waren alle Brüder im dortigen Altenheim untergebracht. Hier lebten die erwachsenen „Zöglinge“ des Kalmenhofs.
Ab 1941 war der Kalmenhof Zwischenanstalt für die nahe gelegene Tötungsanstalt Hadamar. Die drei Brüder wurden für die „Aktion T4“ selektiert. Zusammen mit mindestens 66 weiteren Personen kamen sie am 11. März 1941 nach Hadamar. Noch am selben Tag wurden sie in der Gaskammer ermordet. Heinrich Jeuck starb im Alter von 21 Jahren.
Da Fussingen in unmittelbarer Nähe zu Hadamar liegt, verschickte das Personal die drei Patientenakten in die 500 Kilometer entfernte Tötungsanstalt Sonnenstein in Pirna bei Dresden. Dort wurden die Sterbeurkunden ausgestellt und bei allen der Todestag, die Todesursache und der Sterbeort gefälscht.
Wenige Wochen später erhielt die Familie ein Schreiben aus der Landes-Heil-und Pflegeanstalt Sonnenstein bei Pirna. Darin hieß es, dass die drei Söhne aufgrund einer ministeriellen Anweisung nach Pirna verlegt worden seien. Sie seien „ganz plötzlich“ an den Folgen einer schweren Durchfallerkrankung gestorben. All diese Angaben waren gelogen.
Quelle: BArch, R179/6192. Für die zusätzlichen Informationen zu den Brüdern Jeuck danken wir Herrn Rainer Schick, der für die „Chronik von Fussingen – Ein Dorf erzählt“ auch die Opfer der NS-Patientenmorde erforschte.